Vernon Subutex versucht den Anschein zu wahren. Obwohl er vor ein paar Wochen ein Obdachloser geworden ist, will er nicht aussehen wie ein Loser. Er kommt bei Freunden unter, dann bei ehemaligen Freunden, schließlich bei zukünftig ehemaligen Bekannten: bei einem prügelnden Ehemann, einer ehemaligen Pornodarstellerin, einem Investmentbanker. Die Geschichte eines Abstiegs in der Pariser Gesellschaft, die egal ob ganz oben oder ganz unten, überall widerwärtig ist. Kapitelweise wechselt die Erzählperspektive. Despentes steckt den Leser in die Haut der abstoßendsten Gestalten, die immer entweder sich selbst verachten, die Gesellschaft oder beides.
Ich frage mich, ob man Das Leben des Vernon Subutex als Roman bezeichnen darf. In ihrer Vernon-Trilogie erzählt die französische Autorin Virginie Despentes, wie der ehemalige Plattenladenbesitzer sich durchschlägt, nachdem er aus seiner Wohnung fliegt. Wobei sie gar nicht so viel davon erzählt. Der Plot auf den knapp 400 Seiten des ersten Bandes ist überschaubar. Statt einer Abfolge von Aktionen malt Despentes eher ein Gemälde der Pariser Gesellschaft. Das Leben des Vernon Subutex liest sich deshalb fast wie eine Kurzgeschichtensammlung mit einer rahmenden Meta-Erzählung. Gestört hat mich das kein bisschen.
»Sich verändern heißt immer einen Teil von sich zu verlieren.« Despentes’ Charaktere haben sich verändert. Sie blicken verbittert auf ihr Leben. Sie scheinen alle ausgerechnet den guten und hoffnungsfrohen Teil verloren zu haben. Ein derbes Buch für das kleine Abkotzen zwischendurch.
Virginie Despentes – Das Leben des Vernon Subutex, Köln 2017, 398 Seiten.